Wie gut möchten Sie in Krisenzeiten sein?

Könnten wir uns vielleicht hierauf einigen: Versuchen Sie, unter den ungewohnten und nicht immer ganz einfachen Umständen, so gut zu sein, wie es irgend geht?

Oder geht: Versuchen Sie, unter den ungewohnten und nicht immer ganz einfachen Umständen, sich selbst, Ihren Partner und Ihre Kinder, zu mögen, auch wenn vieles nicht ideal läuft … ?

Oder wären Sie hiermit einverstandent: Wenn Sie feststellen, dass Sie – unter den ungewohnten und nicht immer ganz einfachen Umständen – die meiste Zeit so halbwegs klarkommen, dann ist das gut genug … ?

My view of human nature is that all of us are just holding it together in various ways — and that’s okay, and we just need to go easy with one another, knowing that we’re all these incredibly fragile beings.

Alain de Botton, 2016, im Gespräch mit Debbie Millman auf Design Matters

Normalität, Akzeptanz und Freiheit von Wahn

Uns selbst, unsere Kinder und unseren Partner zu mögen, wenn wir uns im Alltag durchwurschteln und vieles nicht ideal läuft, heißt darauf zu verzichten, zwanghaft den Vergleich mit anderen zu suchen. Wir wissen und akzeptieren, dass wir es nicht immer gut machen. Oft sind wir nur ausreichend und manchmal schaffen wir es auch gar nicht – und das ist normal!

Es ist völlig normal, an den eigenen Ansprüchen auch mal zu scheitern. Es ist normal, dass wir meistens nicht ideal sind (sonst würde es nicht ideal heißen, denn das Ideal ist eine Idee, und wir leben in der Realität). Es ist normal, dass andere besser sind. Und normal ist es auch, dass normales Leben völlig anders aussieht als die Bilder auf Instagram usw.

Schopenhauer meinte, Mitgefühl sei die Basis für Moral. Wenn wir uns also im täglichen Chaos die Erlaubnis geben, uns selbst und Andere als (Ver)suchende und auch Scheiternde zu verstehen und zu mögen, dann sind wir moralisch auf der richtigen Seite. Und noch viel besser: wir sind auf der Seite der Freiheit, wenn wir uns Vergleichen, Allmachtsphantasien, Machbarkeitspostulaten und Optimierungsdiktaten entziehen.