Arsu hat mir die Geschichte ihrer Beziehung so erzählt:
„Ich habe Darius auf dem Gymnasium kennengelernt. Wir hatten beide Sport als Leistungskurs. Ich komme aus einem türkischstämmigen, liberalen Elternhaus. Als ich meinen Eltern erzählte, dass Darius mein Freund ist, waren sie zwar nicht begeistert, haben mir aber auch nicht verboten, ihn zu sehen. Nach dem Abitur sind wir beide nach Köln gezogen, um Sportwissenschaften zu studieren.
Als seine Eltern erfahren haben, dass wir zusammenziehen wollen, fing das Drama an. Seine Eltern sind aus Polen und haben sich sehr negativ über mich und meine Familie geäußert. Das hat sehr weh getan, und ich habe gemerkt, dass Darius damals kurz davor war, sich von mir zu trennen. Ihm war das alles zu viel. Er ist dann für ein Jahr nach Australien gegangen und ich war mir nicht sicher, ob unsere Beziehung diese Trennung überstehen würde.
Als er wieder in Deutschland war, hat er mir einen Heiratsantrag gemacht. Seinen Eltern gegenüber war er dann sehr hart. Er hat ihnen gesagt, dass er erwartet, dass sie mich und meine Familie akzeptieren, sonst würde er den Kontakt zu ihnen vollkommen abbrechen. Tatsächlich hat seine ganze Familie unsere Hochzeit boykottiert, keiner von ihnen ist gekommen, wir haben kein Geschenk und keine Karte gesehen. Ich habe erfahren, dass seine Familie meinte, ich würde Darius gegen sie aufbringen.
Ich hatte Angst, dass Darius irgendwann bereuen würde, das er sich für mich entschieden hat. Nach dem Studium sind wir zurück nach Berlin gezogen und unser Sohn ist geboren. Ich hatte immer das Gefühl, meinen Mann dafür entschädigen zu müssen, dass er mir zuliebe so ein großes Opfer gebracht hatte, auf seine Familie zu verzichten. Und ich hatte Angst, dass Darius seine Familie vermisst, vor allem seinen Vater und seinen Bruder, zu denen er früher ein sehr gutes Verhältnis hatte. Außerdem war ich wütend, dass die Großeltern ihren Enkelsohn nicht kennenlernen wollen.
Als unsere Tochter vor fünf Jahren geboren wurde, haben wir nochmal einen Versuch der Annäherung gestartet. Darius hat den Priester der polnischen Gemeinde eingeschaltet, um zu vermitteln. Er und seine Familie haben dann einige Gespräche geführt, ich war einmal dabei. Das war sehr schwer für mich. Aber der Pfarrer hat wirklich dafür gesorgt, dass sich alle einigermaßen friedlich verhalten haben. Und langsam hat sich das Verhältnis zwischen Darius, seinen Eltern und Geschwistern und mir normalisiert. Es wird zwar nie ganz gut sein, aber daran haben wir uns gewöhnt und damit können wir leben.“